"GovData" - Bundesinneministerium blamiert sich mit Plänen zum deutschen Open-Data-Portal

Bürger und Bürgerinnen können frei und ohne Beschränkungen - steuerfinanzierte - staatliche Daten nutzen. Wie sie die Daten dann verwenden, privat oder gewerblich, ist ihnen überlassen. So sieht jedenfalls das Konzept für Open (Government) Data aus. Öffentliche Einrichtungen, wie z. B. Behörden, Parlamente, Verkehrsunternehmen oder Wetterdienste verfügen über eine große Anzahl von Daten. Diese wurden vollständig oder zum Teil durch Steuern finanziert. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, da Steuern hierzu bestimmt sind. Aber warum werden die Daten nicht grundsätzlich für jeden veröffentlicht?

von Martin Reyher, 08.02.2013

Natürlich sollen keine privaten Daten veröffentlicht werden. Der Datenschutz soll und muss gewahrt bleiben. Auch wir sind auf die Daten staatlicher Einrichtungen angewiesen. Wir erhalten aktuelle Daten über den Internetauftritt des Deutschen Bundestages. Da dieser über keine Schnittschnelle (API) verfügt, ist die Aktualisierung unserer Daten sehr zeitintensiv und unvorteilhaft.

Um den Forderungen der Open-(Government)-Data-Community gerecht zu werden, entwarf das Bundesinnenministerium (BMI) das Konzept „GovData – Das Datenportal für Deutschland“. Die Freude unter potentiellen Nutzern war dementsprechend groß. Was aber jetzt als Ergebnis vorgestellt wurde, enttäuscht auf ganzer Linie und führte zu einer gemeinsamen Erklärung der „Open-Data-Community Deutschland“.

Die Erklärung wird von zahlreichen Personen der „Szene“ unterstützt. Zu den Erstunterzeichnern gehören beispielsweise Boris Hekele (Mitbegründer von abgeordnetenwatch.de), Daniel Dietrich (Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.), Daniel Lentfer (Mehr Demokratie e.V.) und Mathias Schindler (Wikimedia Deutschland e. V.)

Wir sehen drei Probleme:

    • Es werden nicht grundsätzlich offene Lizenzmodelle im Sinne der Open Definition für die staatlichen Daten vorgeschrieben, was zu einer Rechtsunsicherheit für die Nutzer führen kann. Somit kann GovData nicht unterstützt werden, da das Vorhaben „weder offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards ist, noch zeitgemäß oder effektiv“. Das führt zu intensiven Prüfungen der Nutzer, ob möglicherweise Rechte der Erzeuger der Daten verletzt werden. Dieser unnötige Prozess führt wiederum zu höheren Kosten für die Anwender.
    • Das bisherige Konzept des BMIs wird eine „Nachnutzung“ durch weitere Nutzer stören und so die Community möglicherweise von weiteren Innovationen abhalten.
    • Die staatlichen Einrichtungen können jeweils eigenwillig entscheiden, ob die kommerzielle Weiterverwendung gestattet wird. Dabei müsste es genau andersrum sein. Staatliche Einrichtungen sollten gezwungen sein, jedes Verbot einer Weiterverwendung unverzüglich zu begründen.

 

Deshalb fordern wir:

 

    • Datensätze als offene Daten (im Sinne der 10 Prinzipen für offene Daten) zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant, relevant und tatsächlich nachnutzbar sind (hier eine Beispielliste solcher Datensätze).
    • Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und offenen Lizenzen (gemäß Open Definition) sowie Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte Nutzungsbedingungen.
    • Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten Ausnahmefällen zuzulassen.
    • Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit.
    • Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten Daten prioritär zu veröf-fentlichen und von der pro-forma-Veröffentlichung von “Schnarchdaten” abzusehen.
    • Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten.
    • Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von Daten erteilen kann.

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