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Bettina Hagedorn
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Frage von Heiko H. •

Frage an Bettina Hagedorn von Heiko H. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

wir sind eine junge Famile aus Schleswig-Holstein, die sich aber nur in Hamburg den nötigen Lebensunterhalt erarbeiten kann. Nachdem wir viele Jahre zur Miete gewohnt haben und so viel wie nur möglich gespart haben, konnten wir uns nunmehr ein eigenes Heim leisten. Ich habe nun zwei Fragen an Sie:

In Schleswig-Holstein zahlt man mit die höchsten Grunderwerbssteuern in der Bundesrepublik (6,5 % des Kaufpreises, was ohne Weiteres 5-stellige Summen ergibt.) und auch die höchsten Kita-Gebühren (ganz aktuell in einem Spiegel-Online Bericht dokumentiert). Inwiefern ist dies mit einer familienfreundlichen Politik in Schleswig-Holstein vereinbar?

Wir haben von dem so genannten Baukindergeld gehört, welches uns noch einmal etwas von unserer finaziellen Belastung nehmen könnte. Dies jedenfalls wenn es, wie bisher berichtet, rückwirkend vom 01.01.2018 gezahlt wird. Leider ziehen sich, wie so oft, auch hier die Verhandlungen ewig hin. Hierzu meine Frage: Ist es wahr, dass man das Baukindergeld nur dann erhalten soll, wenn man auch einen Kfw-Kreditvertrag abschließt?

Da die sehr niedrigen Immobilienzinsen derzeit tw. unter denen der Kfw-Bank liegen, würde dann wiederum diejenigen, die aus gutem Grund keinen Kredit bei der Kfw haben, das Nachsehen haben.

Mit freundlichen Grüßen

H. H.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de vom 12. Juni 2018. Bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort, aber als Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium mit der Zuständigkeit für Haushalt und Europa hatte ich in den letzten Wochen der intensiven Verhandlungen in Europa und gleichzeitig der permanenten Haushaltsberatungen zum Bundeshaushalt 2018 kaum frei verfügbare Zeit. Ihre Kernfrage zur Ausgestaltung des Baukindergeldes wurde im Übrigen erst in der so genannten „Bereinigungssitzung“ des Haushaltsauschusses am 27. Juni 2018 beschlossen, so dass ich erst jetzt Ihre persönliche Frage definitiv beantworten kann.

Im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 haben wir „prioritäre Maßnahmen“ vereinbart, die wir für die Bürger schnellstmöglich auf den Weg bringen wollen. Dazu gehört auch das von Ihnen angesprochene Baukindergeld. Hierfür haben die Koalitionsfraktionen im Haushalt 2018 die Einführung des Baukindergeldes mit einem Volumen von fast 1,8 Milliarden Euro für die nächsten 10 Jahre beschlossen. Damit leisten wir einen sehr guten Beitrag für die finanzielle Unterstützung der Eigentumsbildung von Familien.

Bereits im Koalitionsvertrag hieß es dazu: „Wir werden die Eigentumsbildung für Familien finanziell unterstützen. Dafür führen wir für den Ersterwerb von Neubau oder Bestand ein Baukindergeld als Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr ein, das über einen Zeitraum von zehn Jahren gezahlt wird. Das Baukindergeld wird flächendeckend bis zu einer Einkommensgrenze von 75.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr und zusätzlich 15.000 Euro pro Kind gewährt.“ (Koalitionsvertrag S. 110)

Generell hat die Bundesregierung für die Umsetzung der prioritären Maßnahme „Steuerliche Förderung von mehr Wohneigentum“, zu der die AfA, die energetische Gebäudesanierung und die Förderung von Eigentum für Familien gehören, im Koalitionsvertrag für 2018 bis 2021 insgesamt zwei Milliarden Euro vorgesehen. Die Diskussionen zu den Einzelheiten der Umsetzung der anderen beiden Maßnahmen sind bisher noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann ich gegenwärtig auch noch keine verbindliche Aussage zu deren möglichen Ausgestaltung treffen.

Aber das Baukindergeld haben wir in der Bereinigungssitzung des Haushalts 2018 am 27. Juni 2018 im Haushalt konkretisiert: Durch die zeitliche Begrenzung der Antragsstellung (01.01.2018 – 31.12.2020) soll der im Koalitionsvertrag vereinbarte Kostenrahmen (zwei Mrd. Euro für Baukindergeld, Sonder-AfA und die energetische Gebäudesanierung) eingehalten werden. Damit ist auch die umstrittene Wohnflächenobergrenze wieder „vom Tisch“.

Konkret zur Ausgestaltung des Programms: Durch das Baukindergeld wird der erstmalige Erwerb von Wohneigentum für Familien mit Kindern (Neubau oder Bestandsimmobilie in Deutschland) gefördert. Pro Kind und Jahr finanziert der Bund 1.200 Euro über einen Zeitraum von 10 Jahren. Berücksichtigt werden Kinder, die zum Zeitpunkt der Antragstellung jünger als 18 Jahre alt sind. Die berücksichtigungsfähigen Kinder müssen im geschaffenen Wohneigentum wohnen und der Antragsteller oder die Antragstellerin müssen Kindergeld beziehen oder erhalten einen Kinderfreibetrag. Nach dem Einzug in die selbstgenutzte Immobilie muss die Meldebestätigung vorgelegt werden. Voraussetzung ist, dass das zu versteuernde Haushaltsjahreseinkommen 90.000 Euro nicht übersteigt (Familie mit einem Kind). Pro weiterem Kind erhöht sich dieser Betrag um 15.000 Euro. Berücksichtigt werden rückwirkend Vorhaben aufgrund notarieller Kaufverträge beziehungsweise Baugenehmigungen für selbstgenutzte Immobilien in Deutschland, die seit dem 1. Januar 2018 neu abgeschlossen oder erteilt wurden. Anträge bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die das Programm abwickelt, können jedoch erst nach Einzug in selbstgenutzte Immobilie gestellt werden. Die KfW wickelt das Programm ab, eine Kreditaufnahme bei der KfW ist dabei nicht notwendig.

Im Übrigen habe ich vollstes Verständnis für Sie, wenn Sie in Ammersbek vor den Toren Hamburgs in Schleswig-Holstein hohe Kitagebühren von bis zu 550 Euro bei achtstündiger Krippenbetreuung bezahlen müssen, während Hamburg (seit dem 01.08.2014 Grundbetreuung von 5 Stunden täglich kostenfrei) neben Berlin (ab dem 01.08.2018 komplett kostenfrei bis auf das Verpflegungsgeld) und Rheinland-Pfalz (ab dem vollendeten 2. Lebensjahr beitragsfrei) – alle drei Bundesländer von SPD-MinisterpräsidentInnen bzw. Bürgermeistern regiert – die bundesweit niedrigsten Gebühren aufweist. Somit machen für Sie und andere junge Eltern nur wenige Kilometer einen gewaltigen Unterschied in der finanziellen Belastung für die Kinderbetreuung der Familien aus. Diese drei Länder sind seit vielen Jahren sozialdemokratisch regiert und zeigen unseren Anspruch als Sozialdemokratien insbesondere junge Familien zu entlasten. In Schleswig-Holstein hatte die SPD mit der Küstenkoalition (bis 2017) auch begonnen, diesen Weg der Gebührenentlastung der Eltern zu beschreiten, der aber von der aktuellen Jamaika-Koalition nicht weiter verfolgt werden soll.

Da nicht alle Bundesländer die gleichen finanziellen Möglichkeiten haben, um beispielsweise Kita-Beiträge zu senken oder gar ganz abzuschaffen, haben wir mit dem Koalitionsvertrag 2018 im Bund das größte Bildungspaket aller Zeiten auf den Weg gebracht. Dort stecken viele verbindliche Chancen für Länder und Kommunen – definitiv finanziert vom Bund mit zusammen 14,5 Mrd. Euro für moderne Schulen und die Qualitätssicherung bzw. Gebührenentlastung in Kitas. Für Schleswig-Holstein sind das bis 2021 allein über 400 Mio. Euro „on Top“ mit der Chance auf richtig große Investitionen in Um- und Neubauten, in die Digitalisierung aller Schulen, den Ganztagsausbau in Grundschulen und auch die schrittweise Einführung der Gebührenfreiheit! Nun liegt es an der Landesregierung Schleswig-Holstein zu entscheiden, wofür sie dieses Geld einsetzen will.

Aber das ist noch nicht alles: Wir bringen außerdem das Gesetz zur Stärkung und steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG) auf den Weg und setzen damit weitere entsprechende Vereinbarungen des Koalitionsvertrags um. Im Klartext: Zu dem Familienentlastungsgesetz, das am 27. Juni im Kabinett beschlossen wurde und anschließend im September in 1. Lesung im Bundestag beraten werden soll, gehört im ersten Schritt die Erhöhung des Kindergeldes um zehn Euro im Monat vom Juli kommenden Jahres an. Auch der Kinderfreibetrag soll erhöht werden: 2019 steigt er je Kind von jetzt 7.428 Euro auf 7.620 Euro im Jahr, 2020 dann weiter auf 7.812 Euro. Ebenfalls steuermindernd wird die Erhöhung des Grundfreibetrags wirken. Von derzeit 9.000 Euro jährlich soll dieser im nächsten Jahr auf 9.168 Euro steigen, noch ein Jahr später sollen es 9.408 Euro sein. Hinzu kommen noch Anpassungen am Einkommensteuertarif, um die sogenannte „kalte Progression“ auszugleichen. Damit werden insbesondere untere und mittlere Einkommen zusätzlich entlastet.

Zuletzt auch eine kurze Anmerkung zur Grunderwerbssteuer: Auch hierzu haben wir im Koalitionsvertrag Aussagen getroffen: „Wir prüfen einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien ohne Rückwirkung beim Länderfinanzausgleich.“ (Koalitionsvertrag S. 110) Hier stehen die Verhandlungen jedoch noch am Anfang. Wichtig ist aber, dass die meisten Bundesländer eine Grunderwerbssteuer von 5,0 bis 6,5 Prozent aufweisen. Beispielsweise fielen in Schleswig-Holstein bei einem Grund-/Hauserwerb in Höhe von 200.000 Euro Grunderwerbssteuern von 13.000 Euro an. Selbstverständlich viel Geld für junge Familien. Aber eine Absenkung der Steuer würde für Familien „nur“ eine einmalige Entlastung um einige tausend Euro bedeuten. Das ist aber bei weitem nicht so zielführend wie eine dauerhafte Entlastung für Familien wie zum Beispiel durch die Absenkung oder gar Abschaffung von Kinderbetreuungskosten. Bei einem monatlichen Beitrag von ca. 500 Euro würden bei der Abschaffung der Elternbeiträge Familien 6.000 Euro jährlich sparen. Diese Summen könnten durch ein Abschmelzen der Grunderwerbssteuer bei weitem nicht erreicht werden – insofern stellt sich die Frage nach der „Sozialen Gerechtigkeit“ für Familien aus meiner persönlichen Sicht nicht vorrangig bei steuerlicher Entlastung im Bereich der Grunderwerbssteuer, sondern viel mehr bei der Entlastung von Gebühren für Kitas oder auch für die Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich..

Schlussendlich habe ich großes Verständnis für Ihre Fragen. Alle Initiativen sind im Moment laufende Prozesse. Im Bereich des Baukindergeldes bin ich aber zuversichtlich, dass es dieses Jahr noch beantragt werden kann. Ich drücke Ihnen und Ihrer Familie selbstverständlich die Daumen, dass Sie alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragstellung erfüllen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Bettina Hagedorn

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