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Frage von Jochen G. •

Frage an Hilde Mattheis von Jochen G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Mattheis,

222972 Menschen sind alleine im Jahre 2014 an einer Krebserkrankung gestorben (https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Krebs_gesamt/krebs_gesamt_node.html). Das sind am Tag 611 Menschen, die aufgrund einer ungenügenden medizinischen Therapie in 2014 sterben mussten.

611 tote Menschen jeden Tag alleine in 2014!!!

Und das in einem Land, welches sich eine überdurchschnittlich teuere Medizin leistet, mit nur durchschnittlichen Ergebnissen (https://www.welt.de/wirtschaft/article186453970/Krankenhaeuser-Kassen-und-Berater-wollen-Hunderte-Kliniken-sterben-lassen.html). In der Lebenserwartung findet sich Deutschland unter den analysierten OECD-Ländern auf dem vorletzten Platz.(https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheitswesen-deutsches-gesundheitssystem-extrem-teuer-und-doch-nur-mittelmass-1.3903915).

Fragen:

1. Sehen Sie generell eine Verantwortung der Politik (Politiker) für diesen, nach meiner Ansicht, Skandal?
2. Wie helfen Sie als verantwortlicher Politiker, diesen Hunderttausenden von Menschen, die größtenteils qualvoll jedes Jahr sterben?
3. Welche Initiativen des Parlaments befassen sich mit diesem unglaublichen Skandal und dessen Behebung seit 2014 und wie hoch sind die aktuellen Sterbezahlen im Jahr und pro Tag??
4. Gibt es in den Krankenhäusern einen ausschließlich mit diesem Thema beschäftigten "Krebsbeauftragten" (vergleichbar dem Organspendebeauftragten mit gegenteiligem Auftrag), der jeden Patienten unabhängig von seiner Krankheit daraufhin untersucht/untersuchen lässt, ob Krebs sich entwickelt und falls ja, diesen mit den aktuell vielversprechensten Krebstherapien versorgt/versorgen lässt, um dessen Leben zu retten und Leiden zu lindern?
5. Treibt Sie dieses Thema um?
6. Kann es überhaupt ein wichtigeres Thema in der Gesundheitsmedizin geben?
7. Wo liegt aktuell Ihr Haupteinsatz in der Gesundheitsmedizin?

Mit freundlichen Grüßen
G.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grollmann,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Die von Ihnen ausgewählten Links zur Frage der Krebserkrankungen geben leider ein sehr eingeschränktes und unvollständiges Bild von der Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und der Behandlung von Krebs (inklusive Prävention) im Speziellen. Lassen Sie mich daher versuchen, dies mit einigen Zahlen und Fakten zu unterlegen. Vorausgeschickt sei die Bemerkung, dass Krebs als eine sehr häufig auftretende Krankheit und Todesursache in Deutschland (und weltweit) selbstverständlich alle Abgeordneten im Gesundheitsausschuss und im Bundestag beschäftigt und wir uns regelmäßig in verschiedenen Gesetzesdebatten mit dem Thema befassen.

Zunächst einmal ist es richtig, dass Krebs nach Herz-, Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland ist. Der demografische Wandel wird außerdem laut Deutschem Krebsforschungszentrum dazu führen, dass die Krebsneuerkrankungen in Deutschland bis 2030 auf 600.000 pro Jahr ansteigen werden. Es ist daher folgerichtig, dass die Forschung und Therapie von Krebs schon länger ein wichtiger Baustein der gesundheits- und forschungspolitischen Arbeit von Bund und Ländern ist.

Dabei sind Wissenschaft, Gesellschaft und Politik beim Kampf gegen Krebs durchaus erfolgreich. Wie eine weltweite Studie im Jahr 2017 feststellte, haben sich die 5-Jahre-Überlebensraten im Zeitraum 2010-2014 gegenüber dem Zeitraum 2000-2004 deutlich verbessert. Grob gesagt liegt die Überlebensrate bei Krebs in Deutschland heute bei ca. 50%, bei Kindern überleben 4 von 5. Auch diese Zahlen geben aber nur einen sehr ungenauen Blick auf die Krankheit wieder, denn es gibt nicht den einen Krebs, sondern sehr verschiedene Ausprägungen mit unterschiedlichen Therapieansätzen und Therapierfolg. Während die Überlebensrate bei Hautkrebs und Prostatakrebs bei über 90%, bei Brustkrebs bei 86% liegt, beträgt sie bei einem Pankreaskarzinom nur 10% - allerdings wurde auch hier eine Steigerung der Überlebensrate um ein Drittel im Vergleich zu vor 10 Jahren erzielt.

Die Bundesregierung will nun die Anstrengungen in der Bekämpfung der unterschiedlichen Krebsarten mit einer „Nationalen Dekade gegen den Krebs“ intensivieren, die vom Bundesgesundheits- und Bundesforschungsministerium ausgerufen wurde. Auftakt bildete der erste deutsche Krebsforschungskongress des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft. In den nächsten Jahren sollen Forschung stärker gefördert und Forschungsergebnisse schneller zur Versorgung der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden. Dennoch schließe ich mich nicht der Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Spahn, dass Krebs in 20 bis 30 Jahren „besiegt“ wäre, an, da diese Aussage mit den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen so nicht haltbar ist. Ausführliche Zahlen zum Auftreten, Forschung, Heilungs- und Überlebenschancen bei Krebs finden Sie im Bericht des Robert-Koch-Instituts: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebsgeschehen/Krebsgeschehen_download.pdf?__blob=publicationFile

Sie fragen weiterhin, wo mein Schwerpunkt bei diesem Thema liegt. Als Gesundheitspolitikerin der SPD im Bundestag habe ich beispielsweise die gesetzlichen Regelungen zum Aufbau eines Krebsregisters und zur stärkeren Krebsprävention mitgetragen. Insbesondere der letzte Aspekt, der Krebsvorbeugung wird von unterschiedlichen politischen Ressorts und Ebenen gefördert, hängt aber letztendlich auch an jedem Einzelnen selbst. Nichtrauchen, gesunde Ernährung und Sport tragen dazu bei, das Krebsrisiko zu senken, schließen aber eine Krebserkrankung in keinem Fall aus.

Zudem engagiere ich mich für die stärkere Forschung zum Einsatz von Methadon in der Krebstherapie. Die Ulmer Forscherin Dr. Claudia Friesen hat dazu vielversprechende prä-klinische Studien durchgeführt und herausgefunden, dass das Schmerzmittel Methadon möglicherweise bei der Therapie unterschiedlicher Krebsarten helfen könnte. Dazu braucht es aber weitere klinische Studien, die – so fordere ich – im Rahmen der „Nationalen Dekade gegen den Krebs“ auch vom Bundesforschungsministerium gefördert werden sollten. Mehr Informationen zur Forschung von Frau Dr. Friesen finden Sie hier: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/methadon-in-der-krebstherapie_-fragen-und-antworten-28025448.html

Mit freundlichen Grüßen

Hilde Mattheis, MdB