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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas R. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Thomas R. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

Ihre Partei bzw. Ihrer Kollegen in Brüssel setzen sich aktuell für eine s.g. „Plastiksteuer“ ein bzw. ein Verbot von bestimmten Plastikprodukten. Als Begründung wird hierfür die Verschmutzung der Weltmeere mit Plastik angeführt. Seit der Einführung der Verpackungsverordnung im Jahre 1991 werden die Hersteller zur Rücknahme bzw. Entsorgung der produzierten Verpackung/Plastiks verpflichtet. Die dafür anfallenden Kosten werden natürlich dementsprechend durch die Hersteller auf die Kunden/Bürger umgelegt, welche auf gut deutsch „die Zeche“ zahlen müssen.

Ich kann für mein privates Umfeld und für mich persönlich feststellen, dass ich zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Verpackungen bzw. Plastikprodukte (oder anderen Abfall) in einem unserer Weltmeere oder Gewässer entsorgt habe. Zudem werden gewisse Einweg-Plastikprodukte (wie Besteck, Teller, Becher, Strohhalme) innerhalb eines Jahres nur minimal von mir in Anspruch genommen. Gewiss sind für die Gründe der Benutzung, zum Teil die Bequemlichkeit, die geringen Kosten, aber auch die bessere Qualität zu alternativen Stoffen, ursächlich.

Für mich ist es aber nicht nachvollziehbar, weshalb sich Ihre Parteigenossen und Sie für eine Kollektivbestrafung bzw. Einschränkung der Wahlfreiheit von Produkten einsetzen oder für eine zusätzliche Besteuerung von Plastikprodukten/-verpackungen, obwohl die Bürger durch die geltende Verpackungsverordnung bereits jetzt indirekt mit der Entsorgung finanziell belastet werden. Wieso setzen Sie sich nicht für eine Stärkung der entsprechend zuständigen Exekutiv- und Kontrollorgane (Bundes- wie EU-Ebene) ein, um die tatsächlich Verursacher für die Verschmutzung der Weltmeere zu bestrafen bzw. diese zukünftig daran zu hindern. Für mich stellt sich die Frage, ob Sie die Umsetzung unserer geltenden Gesetze durch eine ausreichende Exekutive bereits aufgegeben haben und der Erlass von Produktionsverboten für Sie der einfachere Weg ist.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt, die ich auf Ihren Wunsch gern beantworten will.

Zunächst möchte ich Ihnen für Ihren Einsatz für die Umwelt und die Sauberkeit der Meere danken. Ich wünschte, ich könnte Ihre Zuversicht persönlich teilen.

Ich stelle zum Beispiel immer wieder fest, dass mein Duschbad oder Shampoo sogenanntes Mikroplastik enthält. Obwohl bekannt ist, dass Mikroplastik über das Abwasser Flüsse und Meere verseucht (https://www.abendblatt.de/hamburg/article214554045/Hamburg-Wasser-warnt-So-gefaehrlich-ist-Mikroplastik.html) und jüngst sogar in der Antarktis entdeckt wurde (https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/wissenschaft_nt/article177176034/Mikroplastik-von-der-Antarktis-bis-zum-Mittelmeer.html), ist es in vielen gängigen Kosmetikprodukten enthalten und dort für mich nicht klar erkennbar gekennzeichnet. Ich weiß jedenfalls nicht sicher, was sich hinter Acrylates/C10-30, Alkyl Acrylate Crosspolymer oder PEG/PPG-17/18-Dimethicone verbirgt.
Auch trage ich im Winter gern Pullover aus Fleece. Eigentlich eine prima Sache: es hält warm und manche Materialien kommen aus dem Recycling. Allerdings musste ich vor einiger Zeit lesen, dass auch hier beim Waschen Abrieb entsteht, der ins Meer gelangt. (https://www.3sat.de/page/?source=/nano/umwelt/174380/index.html)
Obwohl ich also auf Einkaufstüten aus Plastik verzichte, sie selbstverständlich nicht ins Meer werfe, kann ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ich nicht zur Verschmutzung der Meere beitrage. Apropos Tüte. Ein letztes Beispiel: Obwohl immer mehr Bürgerinnen und Bürger auf Einkaufstüten aus Plastik verzichten, ist die Menge von Plastik im Einzelhandel kaum gesunken. Nicht weiter verwunderlich, wenn man sieht, wie selbst Getränkelieferungen in Kisten im Supermarkt mit mehreren dicken Schichten Plastikfolie umwickelt sind. Ich kaufe dort ein und bin indirekt mitverantwortlich.

Es gibt einen Grund, warum der Verbrauch von Plastikprodukten in Deutschland unverändert hoch ist (https://www.tagesschau.de/inland/deutsche-plastikmuell-101.html). Sie sind billig, weil sie indirekt staatlich subventioniert werden. Während der Verbrauch von Erdöl zur Produktion von Kraftstoffen besteuert wird, ist dies bei Plastikprodukten nicht der Fall. Während die Mineralölsteuer auch eine ökologische Lenkungswirkung hin zu geringerem Verbrauch hat, subventionieren wir Plastikprodukte stattdessen noch mit mindestens 780 Millionen Euro pro Jahr. Und nicht nur das: Sie als Verbrauchen zahlen, wie sie schon angemerkt haben, auch für die Entsorgung.
Da wollen wir Grüne ran. Denn so richtig der Vorschlag zum Verbot von ausgewählten Einwegartikeln ist, er kommt gar nicht von uns sondern von der EU-Kommission. Aber dieser Schritt wird kaum ausreichen, um das Problem tatsächlich zu lösen. Das geht nur, wenn der Plastikverbrauch drastisch reduziert wird. Gebühren oder Steuern können dafür einen Anreiz bieten: Bei Tüten hat es funktioniert, die muss man ja meist schon suchen. Viel wichtiger wäre aber die Entwicklung von Alternativen. Bisher war es für alle einfacher, unseren Plastikmüll nach Übersee zu verschiffen und zu hoffen, dass er dort ordentlich entsorgt wird. Doch das System funktioniert nicht mehr (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutschland-versinkt-im-plastikmuell-15374075.html). Wir brauchen Alternativen, wirklich recyclebare Kunststoffe. Eine sinkende Nachfrage der Verbraucher kann dazu beitragen, die Suche nach solchen Alternativen zu befördern.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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