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Frage von Uwe Dorn D. •

Frage an Alexander Kulitz von Uwe Dorn D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie sind in der FDP, was möchten Sie für bei dem Spreizschritt zwischen Überwachen (z.B. Kameraüberwachung auf öffentl. Plätzen) und Schutz vor Ausspähen (Kfz-Überwachung auf Autobahnen) beachten?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr D.,

Wann darf und muss der Staat in die Freiheit und Privatsphäre des einzelnen eingreifen? Ich glaube keine Partei in Deutschland – vielleicht mit Ausnahme der Piraten – macht sich so viele Gedanken um diese Frage, wie die Freien Demokraten. Grundsätzlich stehen die Liberalen für den selbstbestimmten, mündigen und eigenverantwortlichen Bürger ein. Das impliziert, dass sich der Staat nicht als ‚Aufpasser‘ und ‚Überwacher‘ bei einem erwachsenen, mündigen Bürger zu gerieren hat. Andererseits steht die FDP als ‚Rechtsstaatspartei‘ dafür ein, dass alleine der Staat das Gewaltmonopol innehat und daraus die hoheitliche Aufgabe resultiert, die Sicherheit der Bevölkerung und der Bürger, zu gewährleisten. Dieser ‚Spreizschritt‘ wie Sie ihn nennen, muss daher immer mit Vernunft und Maß neu definiert werden und an den Stand der Technik angepasst werden.

Gerade die willkürliche Überwachung des öffentlichen Raumes, oder eine verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung lehnen wir ab. Genauso halte ich überhaupt nichts von dem neuen Vorschlag des Bundesminister Schäubles, den Bargeldverkehr einzuschränken (und die Idee einiger Politiker sukzessive das Bargeld abzuschaffen). All diese Maßnahmen dienen zwar der staatlichen Kernaufgabe, nämlich der ‚Bekämpfung der Kriminalität‘ und damit unserer Sicherheit, jedoch stellen sie gravierende Eingriffe in die Grundrechte der Bürger dar, ohne einen signifikanten Mehrwert versprechen zu können. (Trotz Vorratsdatenspeicherung konnten in Paris die Terrorakte nicht verhindert werden, auch der Hauptattentäter vom 11. September in den USA, Mohammed Atta, wurde trotz Vorratsdatenspeicherung und abgelaufenem Visum nicht einmal bei der Einreise in die USA gestoppt, dafür aber hat die automatisierte Vorratsdatenspeicherung viele unbescholtene Bürger, vor und nach den Anschlägen massiv behindert, wenn sie - aus welchen Gründen auch immer - in das automatisierte Fahndungsraster der USA geraten sind)

Glauben wir denn tatsächlich, dass unsere Auswertungen der Vorratsdaten und die daraus resultierende Kriminalitätsbekämpfung besser wäre, als die der finanziell und technisch überlegenen USA?

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Durchaus können auch Video-Überwachungen ein geeignetes und notwendiges Mittel sein, um im öffentlichen Raum ‚Sicherheit‘ herzustellen. Allerdings muss es auch verhältnismäßig sein. So rechne ich doch damit, dass ein Parkhaus oder Bahnhof überwacht wird, was meiner Ansicht nach auch OK ist – Manchmal müssen gewisse Stadtteile oder sozialen Brennpunkte, Fußballspiele oder Veranstaltungen wie das Oktoberfest und vielleicht zukünftig sogar der Kölner Domplatz durch Videoüberwachung als mildestes Mittel aus Sicherheitsgründen überwacht werden. Es darf aber nicht zur Regel werden, dass man den Menschen nicht mehr vertraut, und am besten die Überwachung auch in die Privatsphäre (Restaurants, Bürgerämter, Autobahnen etc.) ausweitet um mögliche Fehlverhalten staatlich festzustellen. Zwei Dinge sind daher meiner Ansicht nach bei diesem ‚Spreizschritt‘ der 'Überwachung' nötig. Einerseits dürfen Überwachungsmaßnahmen nur nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen eingesetzt werden, wenn diese als notwendiges (und nicht nur wünschenswertes) Mittel benötigt werden und zweitens müssen die Maßnahmen einer strikteren Beschränkung der ‚Beweismittel‘ unterliegen. So sollte der Staat die – zufällig oder bewusst - mittels Videoüberwachung, Abhören, Vorratsdatenauswertung oder Hausdurchsuchung, festgestellte Straftaten nur sanktionieren dürfen, wenn die Strafprozessordnung die Maßnahme für diese Deliktsermittlung ausdrücklich zulässt. Es darf jedoch nicht sein, dass eine andere Straftat oder Ordnungswidrigkeiten (z.B. öffentliches Urinieren auf der videoüberwachten Autobahnraststätte, oder Entenfüttern trotz Verbot in einem videoüberwachten Park etc.) nachher mit diesen zufällig erlangten Beweismitteln ein Bußgeld begründen.

Sehr geehrter Herr D., als Liberaler bin ich durchaus ein Verfechter des Rechtsstaates. Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen einer funktionierenden Gesellschaft festzulegen. Dazu gehört auch die innere Sicherheit, nicht jedoch die Erziehung einer Gesellschaft nach ideologisch motivierten Werten durch einer politischen Kraft (‚Veggi-Day‘, Arbeitsstättenverordnung, oder ‚€ 5,- Spritsteuer‘). Maßgabe muss ein schlankes und effektives Staatswesen sein, nicht ein aufgeblähtes Regelungswerk welches zwar die Bürger juristisch verfolgt, die falsch geparkt haben, sich aber außerstande sieht, staatlich gegen schwerste Straftaten in gewissen Milieus oder auch in Köln vorzugehen. Auch muss jeder Bürger eine Chance haben, die Gesetze zu kennen. Derzeit gibt es zahlreiche Fälle in denen sich Bürger und Unternehmer entscheiden müssen, gegen welches Gesetzt sie jetzt verstoßen sollen, weil teilweise Gesetzte konträr und inkonsequent sind… (unser Glück ist, dass wir es oft gar nicht wissen). Das muss sich dringend ändern! Wir brauchen viel weniger - aber dafür gute und freiheitswahrende Gesetzte, die der Staat dann auch kompromisslos durchsetzt.

Ich hoffe Ihre Frage einigermaßen zufriedenstellend beantwortet zu haben, bitte jedoch mich andernfalls oder bei weiteren Fragen direkt unter fdp@kulitz.info oder gerne auch telefonisch zu kontaktieren.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Alexander Kulitz