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Anton Hofreiter
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Frage von Gregor B. •

Frage an Anton Hofreiter von Gregor B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Hofreiter

Auf die Anfrage von Herrn Doman bezüglich der 0 Promillegrenze haben Sie folgende Statistik aufgeführt : (Zitat)
"Im Jahre 2004 ereigneten sich 22.548 "Alkoholunfälle" mit Personenschaden. Es wurden 20.262 Verkehrsteilnehmer leicht verletzt, 8.555 schwer verletzt und 704 getötet."
Diese Statistik berücksichtigt aber in keiner Weise die Promillezahl der Verursacher. Die entscheidende Frage ist doch, wie viele "Alkoholunfälle" mit Personenschäden erfolgten mit einem Promillewert zwischen 0,0 und 0,5. Wie viele Schwerverletzte und Tote entsprechen diesen Promillewerten? Da denke ich sprechen wir dann
ganz schnell nicht mehr im Bereich von 22548 / 20262 / 8555 oder 705 sondern von eher von 4000 / 2000 / 80 / 10 (Schätzwert). Und dabei muss auch noch die Frage gestellt werden, wäre der Unfall ohne Alkoholeinfluss nicht passiert?
Das wäre in meinen Augen die richtige Vorgehensweise um zu einer Entscheidung zu kommen.
Ihre Verwendung der Statistik erinnert mich ein wenig an die Diskussion Computerspiele / Amokläufer.
Natürlich ist jeder Unfall, jeder Verletzte oder gar Tote zuviel. Wir sollten aber niemals vergessen, dass das Leben nun einmal gefährlich ist und Unfälle (ob in der Freizeit, Verkehr oder Beruf) vorkommen. Müssen wir wirklich den Menschen immer mehr verbieten, immer mehr bis ins kleinste Detail regeln?
Ich will hier nicht den Alkohol am Steuer rechtfertigen, darum geht es nicht. Aber ich will zB. zum Abendessen ein Bier Trinken können ohne mir ausrechnen zu müssen ob ich jetzt in eine Nachweisgrenze komme oder nicht.
mfg
Gregor Berger

PS. würde mich interessieren, ob solche Werte überhaupt Statistisch erfasst werden.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Berger,

Vielen Dank für Ihre vertiefende Nachfrage. In der amtlichen Statistik der Bundesrepublik Deutschland sind Unfälle als Alkoholunfälle definiert, bei denen mindestens einer der Unfallbeteiligten unter Alkoholeinfluss gestanden hat. Dabei kann die Polizei bereits Verkehrsteilnehmer mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 0,3 Promille als alkoholbeeinflusst einstufen, wenn sie im Straßenverkehr auffällig geworden sind. Bei der Datenerhebung ist für diese Fälle von einer Dunkelziffer auszugehen, weil nicht bei jedem Unfallbeteiligten festgestellt wird, ob er unter Alkoholeinfluss gestanden hat. Dazu gehören auch unfallflüchtige Verkehrsteilnehmer, die auch nachträglich nicht ermittelt werden konnten und von denen vermutlich ein überdurchschnittlich hoher Anteil alkoholisiert gewesen ist. Hinzu kommt, dass bei Alleinunfällen (Unfälle, bei denen außer dem möglicherweise alkoholisierten Fahrer niemand beteiligt war) häufig nicht der Polizei gemeldet werden.

Nach intensiver Suche habe ich die von Ihnen angefragten Angaben und zwar als „Alkoholisierte Beteiligte an Unfällen mit Personenschaden nach Blutalkoholkonzentration“ (BAK (im weiteren vereinfacht als Alkohol-Unfälle bezeichnet)) gefunden. Um den Bezug auf die Anfrage von Herrn Domann (18.04.2008) zu wahren, beschränke ich meine Angaben auf das Jahr 2004.

- 5,60 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von kleiner 0,5 Promille
- 7,90 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 0,5 – 0,8 Promille
- 10,7 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 0,8 – 1,1 Promille
- 13,3 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 1,1 – 1,4 Promille
- 15,3 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 1,4 – 1,7 Promille
- 15,5 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 1,7 – 2,0 Promille
- 17,4 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 2,0 – 2,5 Promille
- 7,40 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von 2,5 – 3,0 Promille
- 3,10 % der Alkoholunfälle bei einem BAK von größer 3,0 Promille
- 3,70 % sind ohne Angaben

Allerdings überrascht es nicht sonderlich, dass mit steigenden BAK-Werten die Anzahl der Unfälle mit Personenschäden zunehmen, um bei BAK-Werten von größer als 2,5 wieder stark abzunehmen.
Obwohl die Auswirkungen von Alkohol individuell sehr unterschiedlich sind, ist es unstrittig, dass mit steigender Blutalkoholkonzentration die Fahruntüchtigkeit steigt und es infolgedessen vermehrt zu Unfällen mit Personenschaden kommen kann. Bereits bei 0,5 Promille besteht ein doppeltes Unfallrisiko, das sich bei 0,8 Promille nochmals verdoppelt.
Ab einem BAK-Wert von 2,5 nehmen Unfälle mit Personenschäden wieder ab, weil bei den meisten Personen ein Reaktionsvermögen kaum noch vorhanden ist und es zu ausgeprägten Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit kommt, was die Steuerung eines Fahrzeuges für die meisten Menschen unmöglich macht.

Der für Ihre Anfrage relevanten Klasse (Promille-Wert von kleiner 0,5) lag
2004 absolut bei 1.263 Unfällen mit Personenschaden (Personen, die verletzt
oder getötet wurden, unabhängig von der Höhe des Sachschadens).

Weiterhin äußern Sie dann den Wunsch bei einem Abendessen ein Bier Trinken zu wollen, ohne sich dabei die Nachweisgrenzen ausrechnen zu müssen. Diesbezüglich verweise ich auf die Antwort an Herrn Domann. Bei 0,0-Promille fällt das so genannte „Herantrinken an einen kritischen Wert“ weg. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass Autofahrer, die mit 0,3 Promille „Anzeichen von Fahrunsicherheit aufweisen oder sogar einen Unfall verursachen, bereits mit Konsequenzen (7 Punkte, Geld- oder Freiheitsstrafe (bis zu fünf Jahre), Führerscheinentzug) rechnen müssen. Aufgrund der hohen Gefahren wurden die Bußgelder für Drogen und Alkohol am Steuer vor kurzem verdoppelt.

Hier können Sie mehr über unserer Verkehrssicherheitspolitik erfahren: http://www.toni-hofreiter.de/sicherheit.php

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Ing. Udo Werner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Dr. Anton Hofreiter

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