Prof. Dr. Claudia Schmidtke (CDU)
Claudia Schmidtke
CDU
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Frage von Heiner K. •

Frage an Claudia Schmidtke von Heiner K. bezüglich Bundestag

Sehr geehrte Frau Schmidkte,

ich wende mich an Sie als meine Vertreterin im Deutschen Bundestag.
In Kürze steht eine Abstimmung im deutschen Bundestag zum IfSG bevor.

Meine Frage ist, wie Sie dazu abstimmen wollen?

Zu dieser Frage stellen sich verschiedene Fragen im Detail:
- Halten Sie die Einschränkung föderaler Zuständigkeiten zugunsten des Bundes für verfassungskonform?
- Halten Sie die Verlagerung von Entscheidungen auf die Exekutive in Bund und Ländern und die Ausschaltung des Souveräns in Form der gewählten Parlamente für angemessen?
- Halten Sie für richtig, sich als alleinigen Maßstab auf den R-Wert zu stützen, der z.B. durch den Testumfang steuerbar ist und Todesraten, Zahl von Intensivplätzen, Impfraten keines Rolle sollen?
- Halten Sie es für richtig, Automatismen ohne Möglichkeit zur lokalen Korrektur einzuführen (ein Fleischbetrieb mit 1k Infizierten bedingt Lockdown)?
- Halten Sie es für richtig ohne Evaluierung der bisherigen Maßnahmen immer weiter zu machen? Die Wirksamkeit von Lockdowns und insbesondere Ausgangssperren sind gem. internat. Studien fragwürdig (https://www.novo-argumente.com/artikel/lockdowns_und_die_vergessene_wissenschaft).
- Wie würdigen Sie die Entscheidungen der Gerichte, die gerade Ausgangsbeschränkungen immer wieder aufgehoben haben.

Ich bitte um Berücksichtigung meiner Fragen bei Ihrer Entscheidung und freue mich über eine Antwort.

H. K.

Prof. Dr. Claudia Schmidtke (CDU)
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Köhne,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Vierten Bevölkerungsschutzgesetz und die damit verbundene Möglichkeit, Ihnen die Gründe für meine Abstimmung zur erläutern.

Seit Mitte Februar 2021 werden in Deutschland deutlich steigende Infektionszahlen registriert, seit Mitte März hat sich der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt. Derzeit wird in Deutschland eine Sieben-Tage-Inzidenz von über 160 registriert. Diese hohen Werte führen innerhalb kürzester Zeit zu einer bereits beginnenden Überlastung der Intensivstationen. Die mittlerweile dominierende Virusvariante B.1.1.7 ist nach bisherigen Erkenntnissen deutlich infektiöser und verursacht offenbar schwerwiegendere Krankheitsverläufe. Täglich werden mehr und auch immer jüngere Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen eingeliefert. Auch die Fälle derer, die unter Langzeitfolgen – genannt „Long Covid“ – leiden, häufen sich bereits jetzt.

Ein bundeseinheitliches Vorgehen ist notwendig, um den Beschlüssen der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten der Länder zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 03. März 2021 bundesweite Geltung zu verschaffen. Schon im November 2020 wurde mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz der Rahmen für ein bundeseinheitliches Vorgehen gesetzt. Darin wurden die Instrumente definiert, die Ausgestaltung wurde aber bewusst den Ländern überlassen. Bedauerlicherweise wurden die vereinbarten Maßnahmen jedoch uneinheitlich, teilweise halbherzig und abweichend von den Beschlüssen umgesetzt. Die nun vorgesehene Notbremse gibt den Bürgerinnen und Bürgern Klarheit darüber, was in den Landkreisen oder kreisfreien Städten mit einer Sieben-Tages-Inzidenz über 100 gilt. Mit der Klarheit steigt auch die Akzeptanz für das Krisenmanagement, das hat die Vergangenheit gezeigt.

Die Kompetenzordnung des Grundgesetzes steht Änderungen der bestehenden Regelungsstruktur des Infektionsschutzgesetzes nicht entgegen. Bundesgesetze bedürfen nur dann der Zustimmung des Bundesrates, wenn das Grundgesetz dies ausdrücklich vorsieht. Im Mittwoch verabschiedeten Gesetz ist keiner dieser Fälle, die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen, gegeben.

Die getroffenen Regelungen beziehen sich auf den Inzidenzwert als den am besten geeigneten und den rechtssichersten Mechanismus um sicherzustellen, dass die getroffenen Maßnahmen rechtzeitig, zielgenau, rechtssicher und verhältnismäßig wirken können.

Ausgangsbeschränkungen sind ein scharfes Schwert und sicherlich eine der umstrittensten Maßnahmen im Katalog der Regelung. Gleichwohl werden sie nach Meinung von Experten für diese schwierige Phase als notwendig erachtet. Sie haben zum Ziel, die Zahl der zwischenmenschlichen Kontakte zu reduzieren und Mobilität zu beschränken. Studien belegen die Wirksamkeit der Maßnahme. In einer kanadischen Untersuchung konnte beispielsweise festgestellt werden, dass nächtliche Ausgangsbeschränkungen die Mobilität in einer Provinz im Vergleich zur Nachbarprovinz um 31 Prozent senkten. Britische Forscher halten Ausgangsbeschränkungen zudem für geeignet, um den R-Wert um 13 Prozent zu senken.

Hierzulande gibt es bereits in einigen Bundesländern nächtliche Ausgangsbeschränkungen. Die überwiegende Zahl der verwaltungsgerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Entscheidungen hat deren Zulässigkeit nicht in Frage gestellt. Verfassungsrechtlich ist es dabei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Schutz von Leben und Gesundheit höheres Gewicht einräumt als den durch die Ausgangsbeschränkung hervorgerufenen Beeinträchtigungen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position nachvollziehbar darlegen und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute. Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Claudia Schmidtke, MBA