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Frage von Reinhard L. •

Frage an Kirsten Tackmann von Reinhard L. bezüglich Verkehr

Wie stehen sie zum Bau der A14?

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Sehr geehrter Herr Leber,

vielen Dank für Ihre Frage zur A 14.

Verkehrsvorhaben sind an drei wesentlichen Parametern zu bewerten: realistische Bedarfsprognosen, Leistungsziele der Trasse und die Umweltverträglichkeit der Linienführung. Wenn Alternativen dieselben Verkehrsmengen bewältigen können, ist die kostengünstigste und umweltverträglichste Variante vorzuziehen.

Auf dieser Grundlage sehe ich persönlich die Nordverlängerung der A 14 von Magdeburg nach Schwerin, die Sie vermutlich meinen, eher skeptisch. Ich möchte das auch gern begründen:

Ich kenne die Hoffnungen, die auch in der Prignitz mit der A 14 verbunden werden. Und ich verstehe die verzweifelte Lage, in der immer mehr Menschen in einer von der Regierungspolitik in Bund und Land abgehängten Region sind, sehr gut. Pendlerinnen und Pendler hoffen, Arbeit in den Ballungsräumen und Wohnen in der Heimat besser vereinbaren zu können. Über die Einbindung in das Logistikkonzept für Wittenberge wird auf Belebung der regionalen Wirtschaft und Arbeitsplätze gehofft. Andere Straßen könnten entlastet und der Verkehrsraum besser erschlossen werden.

Ich fürchte nur, dass sich diese Hoffnungen kaum erfüllen bzw. dass es preiswertere Lösungen gibt als diese „Kanzlerautobahn“ (von Gerhard Schröder versprochen). Wittstock liegt immerhin am Kreuz von zwei Autobahnen – ich sehe nicht, dass dort eine wesentlich andere wirtschaftliche Situation besteht als im Restteil der Prignitz und des Ruppiner Landes. Das mag auch noch andere Gründe haben, zeigt aber, dass eine so einfache Rechnung Autobahn = Wirtschaftsförderung nicht aufgeht. Die fast immer leere A 20 ist mir darüber hinaus eine Warnung vor allzu optimistisch gerechneten Bedarfszahlen. Und nicht zuletzt sehe ich den hohen Flächenverbrauch sehr kritisch, sowohl für die Gesellschaft insgesamt (wir diskutieren doch immer über die Konkurrenz zwischen Tank, Trog und Teller und verlieren nach wie vor jeden Tag Ackerland, dass so groß ist wie ein Fußballfeld) als auch für die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe, für die ein adäquater Ausgleich einschließlich der geeigneten Zuwegung selbstverständlich zu fordern wäre, aber so einfach nicht zu realisieren ist.

Es sind aus meiner Sicht auch wesentliche Fragen noch nicht beantwortet. Z. B., wie teuer der Bau wirklich wird – unterdessen sind die Planungen bei jenseits der Milliarde Euro angekommen und es gibt weiter bestehende Finanzierungsrisiken. Warum werden statt einer Autobahn, die weitgehend parallel zu bereits vorhandenen Bundesstraßen gebaut werden soll, nicht diese bedarfsgerecht ausgebaut, zum Beispiel mit einer wechselnden Überholspur?

Einig sind wir uns vor Ort aber zu den Mindestforderungen: es muss eine Trasse gefunden werden mit den niedrigsten Belastungen für Mensch, Natur und Umwelt, die Lärmschutzmaßnahmen müssen höchsten Standards entsprechen, vom Bau Betroffene müssen fair entschädigt werden.

Da im Moment die Finanzierung des Vorhabens immer noch nicht gesichert ist sollte die Zeit genutzt werden, um ernsthaft zu prüfen, ob mit der so genannten „Null-Plus-Variante“ (verkehrsgerechter Ausbau der vorhandenen B 189 und B 5), die deutlich weniger kostet, nicht schneller die verkehrlichen Ziele erreicht werden können mit weniger Beeinträchtigung von Mensch und Natur.

Mittel- bis langfristig sehe ich übrigens grundsätzlich die dringende Notwendigkeit einer wirklich konsequenten Verkehrswende. Das heißt Straßenverkehr reduzieren durch Verlagerung auf Schiene und, wo möglich, auf das Wasser, sowie regionale Wirtschaftskonzepte. Wir werden in Zukunft schon aus Klimaschutz- und Ressourcenmanagementgründen den aktuellen Gütertransportaufwand nicht mehr bezahlen und auch gesellschaftlich nicht mehr verantworten und rechtfertigen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Kirsten Tackmann (MdB)