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Frage von Andreas R. •

Frage an Lothar Binding von Andreas R. bezüglich Finanzen

Lieber Herr Binding,

am 03.06 kam nun endlich das verspätete BMF-Schreiben zur Abgeltungssteuer. Damit enden 18 Monate Unsicherheit und Unklarheit für Privatanleger bzgl. der Auslegung der Änderungen in §20 ESTG (6).

Die heraufbeschworenen Folgen wie Einbruch des Handelsvolumens und Verlust von Arbeitsplätzen sind (bisher) ausgeblieben. Die steuerlichen Folgen werden jedoch erst in 2022 spürbar. Da Optionsscheine und Zertifikate explizit ausgenommen sind, werden sich diese in Grenzen halten.

Daher die Frage: Was sollte die Änderung eigentlich bewirken und was wurde letztlich erreicht wenn sich quasi nix geändert hat? Schließlich können ja alle Kleinanleger mit den ausgenommenen Produkten ungeschützt "weiterzocken" (und betroffene Produkte werden sicher bald entsprechend "umverpackt"). Auch "institutionelle Zocker" sind außen vor.

Eingeschränkt sind letzlich nur Privatanleger, die mit standardisierten Produkten an der EUREX handeln, und damit die DDV-Lobby und deren Produkte umgehen. Dies wirkt wie ein DDV-Subventionsprogramm, das die "EUREX-Konkurrenz" ausschaltet bzw. unattraktiver macht und Anleger mit zusätzlichen steuerlichen Risiken belastet (Hinweis: Der Totalverlust der Prämie zur Depotabsicherung, also das Nichteintreten des Versicherungsfalls, ist - wie bei jeder Versicherung - eigentlich das gewünschte Ereignis).

Mit dem Schreiben erkennt das BMF endlich, wie vom BFH beanstandet, auch den Verfall oder Verkauf wertloser Anlagen als steuerwirksame Veräußerung an (deren Anrechnung ist jedoch begrenzt). Man darf gespannt sein, wie das BMF auf das jüngste BFH Urteil reagiert, in dem die Verechnungsbeschränkung bei Aktien kassiert wurde. Die Änderung §20 ESTG (6) begrenzt ja die Verrechungsmöglichkeiten bei Termingeschäften in ähnlicher (unzulässiger?) Form.

Hat das Gesetz nun also einen Sinn oder war es nur ein Pyrrhussieg mit dem EEG Gesetz als trojanischem Pferd? Was wurde Ihrer Meinung nach erreicht?

Viele Grüße
A. Rau

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rau,

Sie haben mir schon oft geschrieben. Ich habe einige Male geantwortet. Neben dieser erneuten Frage bei Abgeordnetenwatch haben Sie auch an mein Wahlkreisbüro geschrieben. Sie schreiben sehr nett und sind kompetent. Und ganz privat würde ich jeden Dialog mit Ihnen sportlich bis zum Ende pflegen. Mich irritiert Ihre fehlende Empathie anderen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Jedenfalls nach meinen mehrfachen Erläuterungen und Bitten, auch das Recht anderer Bürger zu respektieren.

Meinen Ihnen erläuterten Grundsatz, dass ich jede erste Zuschrift beantworte und weitere erst dann, wenn alle anderen Bürgerinnen und Bürger ihre erste Antwort erhalten haben, ignorieren Sie. Das ist nicht fair, zumal es stets nur um ein Thema geht: Die Binding-Steuer, die es nicht gibt, mit der die, um ein Wort aus der Szene zu nehmen: Zocker aber versuchen politische Veranstaltungen zu stören und mich in Blogs zu verunglimpfen – nun dokumentiert dies ein eigenes Niveau und hilft die Begrenztheit zu verstehen, dass Gesetze in Demokratien mit Mehrheiten in Parlamenten beschlossen werden. Glücklicherweise ist das in Deutschland so.

Einen etwas ausführlicheren Beitrag zu dieser Frage finden Sie hier:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/577702

Die nachfolgende Antwort auf Ihre aktuelle Mail zum BMF-Schreiben vom 3. Juni 2021 (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Abgeltungsteuer/2021-06-03-einzelfragen-zur-abgeltungsteuer-ergaenzung-des-BMF-Schreibens-vom-18-Januar-2016.pdf?__blob=publicationFile&v=1) hier auf Abgeordnetenwatch verdanken Sie fleißigen Kollegen des BMF:

Die Regelung zu § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG wurde auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (Bundestags Drs. 19/15876) in den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen aufgenommen. Die Verlustverrechnung für Termingeschäfte nach § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG gilt für Verluste, die nach dem 31. Dezember 2020 entstehen. Die Grundlagen und der Hintergrund zu der Regelung sind in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Bundestags Drs. 19/15876, Seite 61) dargestellt. Ziel war insbesondere den aufgrund der Hebeleffekte bestehenden besonderen Verlustrisiken Rechnung zu tragen.

Die Finanzverwaltung hat als Ergebnis der Abstimmung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder im BMF-Schreiben „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer“ vom 18. Januar 2016 (BStBl I S. 85) ihre Rechtsauffassung dargelegt, welche Finanzinstrumente unter den Begriff der Termingeschäfte fallen. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Reichweite der Termingeschäfte in der steuerrechtlichen Literatur unterschiedlich weit gefasst wird. Bei Optionsscheinen und Zertifikaten wird als Abgrenzungskriterium zu den Termingeschäften differenziert, dass diese Produkte im Unterschied eine Kapitalforderung gegen den Emittenten verbriefen. Vor diesem Hintergrund kam die Finanzverwaltung zu der Auffassung, Optionsscheine und Knock-Out-Zertifikate als Kapitalforderungen einzuordnen. Die Differenzierung und Abgrenzung ist komplex. Die Abstimmung der Verwaltung hat bei einer Entscheidung dieser Tragweite insgesamt mehr Zeit in Anspruch genommen.

Es verbleiben nach Auffassung der Finanzverwaltung im Wesentlichen neben den klassischen Termingeschäften an Terminbörsen gehandelte Optionen im Anwendungsbereich des § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG.

Die Finanzverwaltung erkennt schon länger an, dass Verluste aus der Ausbuchung von wertlosen Aktien steuerlich zu berücksichtigen sind. Das entsprechende BFH-Urteil VIII R 34/16 vom 3. Dezember 2019 wurde bereits am 31. Dezember 2020 im Bundessteuerblatt 2020 II S. 836 veröffentlicht. Bei der Berücksichtigung dieser Verluste im Verlustverrechnungskreis § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG folgt BMF den Ausführungen des BFH in seinem Urteil VIII R 20/18 vom 17. November 2020.

Mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding