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Michael Weisenstein
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Frage von Jürgen S. •

Frage an Michael Weisenstein von Jürgen S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Weisenstein,

Wie stehen Sie zu den aktuellen Vorgängen an den Finanzmärkten, und wie sind Ihre und die Positionen Ihrer Partei hinsichtlich Regulierung und Deliberalisierung der gesetzlich ungeregelten "Märkte"? Wie weit gehen Ihre Vorstellungen (und die Ihrer Partei) zu Unternehmensbesteuerungen (auch und gerade auf NATIONALER Ebene)und zu Spitzensteuersätzen? Wie sind weiterhin Ihre Ansichten (und die Ihrer Partei) zu den Einnahmedefiziten des Bundes und der Länder und Kommunen, und wie sind Ihre Vorschläge zu einer Verbesserung dieser Einnahmen?

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Schneider

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Schneider,

mitten in der Finanzkrise waren sich alle mehr oder weniger einig,dass der Finanzmarkt Regulierung braucht, damit sich ein solches Szenario nichtwiederholt. Mit vielen Milliarden Euro werden Banken gestützt. Die Verlustedieser Banken wurden damit sozialisiert, die früheren Gewinne waren schonprivatisiert worden. Der Lobbyismus der Finanzakteure hat dafür gesorgt, dass wirklichwirksame Schritte unterbleiben. Wir dagegen wollen bestimmte Spekulationsgeschäfteverbieten und die restlichen Geschäfte unter die Kontrolle eines neu zuschaffenden Finanz-TÜV stellen.

Ich glaube, dass Deutschland sich wirtschaftspolitischanders einrichten muss. Wir wollen klein- und mittelständische Unternehmen unddas Handwerk stützen und mit stärkerer Orientierung auf den Binnenmarkt undregionale Wirtschaftskreisläufe ein Gegengewicht zur expansiven Exportpolitikschaffen. Die wachsenden Exportüberschüsse sind eine Ursache für diewirtschaftlichen Krisen in Europa und die wachsenden wirtschaftlichenUngleichgewichte.

Die Wirtschaftspolitik der Regierung dagegen setzt aufDeregulierung und Flexibilisierung. Wenn die globale Nachfrage einbricht odertransnationale Konzerne Standorte verlagern, wirkt das wie ein Schicksal, dasüber die Beschäftigten hereinbricht. Tatsächlich steht dahinter eine verfehlteWirtschaftspolitik. Wenn die Investitionen nicht nach anderen Kriteriengesteuert werden, verkommt die öffentliche Infrastruktur, undMassenarbeitslosigkeit wird zementiert. Wir wollen den sozial-ökologischenUmbau mit einer Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Ausweitungvon personennahen Dienstleistungen verbinden.

Der Verarmung der öffentlichen Kassen wollen wirentgegenwirken. Die Körperschaftssteuer soll auf 25 Prozent erhöht werden. AuchGewinne, die Konzerne durch den An- und Verkauf von Unternehmen machen, sollenwieder besteuert werden. Zudem sollen in Europa die Steuern für Unternehmenvereinheitlicht werden, um Steuerwettbewerb zu verhindern.

Wer als Single bis zu 6000 EuroBruttolohn im Monat bezieht, wird steuerlich entlastet. Der Spitzensteuersatzhingegen soll auf 53 Prozent erhöht werden. Und mit der Reichensteuer solljeder Euro, der über einem Einkommen (nach Abzug allerSozialversicherungsbeiträge) von einer Million Euro liegt, mit 75 Prozentbesteuert werden.
Ein gerechter Umbau desSteuersystems, wie ihn DIE LINKE fordert, würde mehr Steuereinnahmen inöffentliche Kassen bringen. Steuerschlupflöcher sollen geschlossen werden,Steuerhinterziehung konsequent bekämpft und bestraft werden. Mehr Fachpersonalund die Einführung einer Bundesfinanzpolizei sollen dafür sorgen.
Den Kommunen würde der Umbau derGewerbesteuer helfen. Sie soll durch eine Gemeindewirtschaftssteuer ersetztwerden, die die Bemessungsgrundlage ausweitet und de Kreis der Steuerzahlendenerweitert. Es ist z. B. nicht einzusehen wieso sich Freiberufler wie Notare,Rechtsanwälte oder niedergelassene Ärzte nicht an der Finanzierung kommunalerInfrastruktur über die Gewerbesteuer beteiligen sollen. Für kleine Unternehmenwird der Freibetrag auf 30.000 Euro angehoben. Außerdem würde eineWiedereinführung der Vermögenssteuer zusätzliche Einnahmen für Länder undKommunen bringen.
Der Umbau derUnternehmensbesteuerung, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einehöhere Erbschaftssteuer für große Erbschaften (selbstgenutztes Wohneigentumbleibt steuerfrei, der Freibetrag beträgt 300.000 Euro) und Veränderungen beider Abgeltungssteuer (aus der pauschalen Steuer soll eine einkommensabhängigeSteuer werden) und dem Ehegattensplitting würden nach Berechnungen der LINKEN mindestens183 Mrd. Euro mehr in öffentliche Kassen bringen.
Über Nachfragen und weitereDiskussionen freue ich mich!

Herzliche Grüße
Michael Weisenstein