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Monika Lazar
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Frage von Alexander K. •

Frage an Monika Lazar von Alexander K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Monika,

ich wollte dich dass schon lange Fragen und ich vergesse es immer wenn Wir uns sehen, deswegen muss ich dich diesmal auch im Internet nerven :-)

Meine Frage bezieht sich auf den ESM. Der ESM genießt Immunität, Klagerecht und kann beliebig hohe Beträge von den Euro-Mitgliedsstaaten einfordern, welchen Nutzen diese haben werden muss vorher nicht festgelegt werden. Ein Austrittsrecht ist ebenfalls nicht vorgesehen. Ich finde das ist der größte Mist den es gibt, denn dass ist die Schaffung eines Organs welches den Staatlichen Finanzsektor steuern kann und dabei selbst nicht beregelt werden kann! Und da stellt sich mir die Frage wieso Du dem zugestimmt hast?

So, dann sehen Wir uns hoffentlich bald wieder :-)

Liebe Grüße, Alex.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Alex,

danke für deine Frage. Die Herausforderungen rund um die Finanzkrise Europas haben mich stark beschäftigt. Es sind Fragestellungen, die man differenziert betrachten muss und nicht simpel beantworten kann. Allerdings haben wir trotz allem ein stabiles Europa und manche Katastrophenszenarien halte ich für populistisch übertrieben. Oft sind es Europafeinde, die Ängste schüren. Nicht umsonst versuchen sich gerade Rechtsextreme zum "Retter Deutschlands" vor der "Krake Europa" hochzustilisieren.

Es steht beispielsweise eine oft behauptete unbegrenzte Haftung ohne Einfluss des deutschen Parlamentes überhaupt nicht zur Debatte. Wäre dies der Fall, hätte ich dem ESM nicht zugestimmt. Alle Regelungen folgen den Grundsätzen unseres Grundgesetzes. So stellte auch das Bundesverfassungsgericht schon am 12.9.2012 klar: Der ESM verstößt nicht gegen geltendes Recht und ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Entscheidung begrüße ich, denn ich sehe im ESM in der angespannten Lage ein notwendiges Element zur Stabilisierung. Da die Volkswirtschaften der Euroländer sehr eng verflochten sind, kann ich nicht in "wir in Deutschland" und "die anderen in Europa" unterscheiden, das wäre eine Illusion.

Dennoch habe ich nicht unkritisch und ohne Bedingungen zugestimmt. Die Einhaltung der demokratischen Rechte des Deutschen Bundestages sind mir wichtig. Dazu gehört, dass die Haftungsgrenze Deutschlands von 190 Milliarden Euro beim ESM ohne die Zustimmung des Bundestages nicht erhöht werden darf. Das war auch immer unsere grüne Position. Durch die Regelungen zur Einbeziehung des deutschen Parlamentes sehe ich die Haushaltssouveränität unseres Landes gewährleistet. Dass die finanztechnische Durchführung dabei von besonderen Fachgremien geleitet wird, finde ich sinnvoll, denn die meisten Abgeordneten sind keine Finanzmarktexperten.

Eine Übertragung bestimmter Kompetenzen nach Europa setzt die Haushaltssouveränität Deutschlands nicht außer Kraft. Der viel kritisierte Gouverneursrat etwa ist keineswegs ein unabhängiges Gremium, das völlig autonome Entscheidungen über europäische Steuermittel treffen darf. Die Mitglieder des Gouverneursrats gehören den jeweiligen Regierungen an und sind an die Entscheidungen ihrer Parlamente gebunden. Grundsätzlich darf keine wesentliche Entscheidung ohne die vorherige Zustimmung oder Beteiligung des Deutschen Bundestages getroffen werden. Das Plenum muss bei folgenden Entscheidungen zustimmen: Veränderung des Stammkapitals, Veränderung des maximalen Darlehensvolumens und Änderung der Finanzhilfeinstrumente. Bevor ein Land unter den Rettungsschirm kommt, muss das Plenum sogar zweimal zustimmen. Dabei ist die erste Abstimmung zwingend, um einem Mitglied grundsätzlich Hilfe zu gewähren. Die zweite Abstimmung ist erforderlich, um dem Land tatsächlich Hilfen zu zahlen. Hierfür muss eine Einigung der Troika (Vertreter des Euroraums, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds) mit dem Mitgliedsstaat vorliegen: ein Memorandum of Understanding mit detaillierten Auflagen und eine Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, mit den Finanzierungsbedingungen und den einzelnen Instrumenten. Nur mit einem vorherigen zustimmenden Votum des Bundestages darf der deutsche Vertreter im Gouverneursrat einem Beschlussvorschlag zustimmen. Erteilt der Bundestag dieses Votum nicht, muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen.

Da es nur Hilfen gegen Auflagen gibt, ist der ESM kein Fass ohne Boden. Kredite werden nur vergeben, wenn der Empfänger laut einer sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse seine Schulden tatsächlich tragen kann. Der Bundestag hat weiterhin das Recht, über jede Hilfe souverän zu entscheiden und diese gegebenenfalls abzulehnen. Dieses Recht gilt natürlich für alle Eurostaaten.

Neben aller Finanztechnik sollten wir die grundlegende politische Frage nicht aus dem Blick verlieren: Wollen wir auf ein starkes, geeintes Europa setzen oder lieber auf einen abgeschotteten deutschen Nationalstaat? Ich wünsche mir das erste, deshalb habe ich den ESM bejaht. Anders sieht es für mich mit dem Fiskalpakt aus. Diesen habe ich abgelehnt. Meine Gründe kannst du in der persönlichen Erklärung nachlesen: http://www.monika-lazar.de/antraege-anfragen-38-co/erklaerungen-lt-31/erklaerungen-detailansicht/datum/2012/07/02/persoenliche-erklaerung-gemaess-31-go-bt-zur-abstimmung-ueber-den-vertrag-ueber-stabilitaet-koor/

Gern können wir aber auch gelegentlich persönlich darüber sprechen, da wir uns ja öfter sehen.

Viele Grüße

Monika