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Frage von Tanja B. •

Frage an Niema Movassat von Tanja B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die GIZ erhält durch das BMZ im Direktverfahren Aufträge, ohne dass die in einer wettbewerbsorientierten Gesellschaft notwendigen Wettbewerbsverfahren (Vergabeverfahren) durchgeführt werden. Ich hatte hierzu über die Plattform fragdenstaat.de (https://fragdenstaat.de/a/9387) beim BMZ nachgefragt und die Auskunft erhalten, dass dort nicht einmal geprüft wird, ob diese Verfahren in einem wirtschaftlichen und qualitativen wettbewerbsfähigen Umfeld erbracht werden oder ob nicht andere Leistungsanbieter diese mit besseren Resultaten durchführen können.

Halten Sie dies für richtig vor dem Hintergrund der knappen ODA-Mittel, die nach Möglichkeit zielgerichtet und effizient eingesetzt werden müssen? Sollten hier nicht eine stärker in der wettbewerblichen Leistungserbringung notwendigen Verfahren erbracht werden, die zudem eine zu große Nähe zwischen Leistungsvergeber (BMZ) und Leistungserbringer (GIZ) verhindern? Sie kennen sicher das Sprichwort, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt und bei einem derartigen Missverhältnis des Personalkörpers zwischen BMZ und GIZ erscheint dies zumindest im Bereich des Möglichen.

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Beyerle

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Beyerle,

vielen Dank für Ihre Anfrage! Ich teile Ihre Ansicht, dass die deutschen ODA-Mittel möglichst wirksam eingesetzt werden müssen, was auch die Effektivität der Maßnahmen und die finanzielle Effizienz mit einschließen muss. Offene Vergabeverfahren für alle Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit halte ich jedoch nicht für das richtige Instrument, die durchaus vorhandenen Defizite der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, was die Wirksamkeit der Maßnahmen und die Mittel-Effizienz angeht, zu lösen.

Sie kritisieren darüber hinaus auch die Nähe von BMZ und der GIZ, die bei einem 100%igen Bundesunternehmen aber auch in der Logik der Sache liegt. Die GIZ bzw. ihre Vorgängerorganisationen sind explizit als Durchführungsorganisationen der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit von der Bundesregierung gegründet worden. Sie setzt als Unternehmen der technischen Zusammenarbeit (TZ) den Teil der vom BMZ vergebenen ODA-Mittel ein, die explizit als „staatliche Entwicklungszusammenarbeit“ gelten. Ein anderer Teil wird ja auch jetzt schon von zivilgesellschaftlichen Organisationen, meist internationale (deutsche) Nichtregierungsorganisationen (NRO) eingesetzt.

Ein freies Wettbewerbsverfahren bei der Vergabe von Geldern der Entwicklungszusammenarbeit würde wahrscheinlich dazu führen, dass die staatliche deutsche TZ künftig in den Partnerländern mit „vielen Stimmen“ auftreten wird. Es hieße auch, dass die GIZ in ihrer jetzigen Form und mit ihrem jetzigen Auftrag aufhören würde zu existieren. Das kann nicht Sinn der Sache sein, es überfordert überdies die Partnerländer in ihrer Koordination mit den Gebern und führt zu Reibungsverlusten bei der Koordination zwischen den dann unterschiedlichen Trägern. Die Erfahrung lehrt, dass gerade dadurch meist noch erheblichere Defizite bei Wirksamkeit und Effizienz auftreten werden. Es würde wahrscheinlich auch zu noch mehr Overhead-Verwaltungskosten kommen, die dann ebenfalls den Partnerländern fehlen. Schon jetzt müssen ja die Mittel zu einem bestimmten Prozentsatz an private Consultancies vergeben werden. Diese übernehmen teilweise ganze Programmkomponenten. Mir liegen Erfahrungsberichte vor, dass es hier teilweise zu starken Verlusten der Effizienz im Bereich der Kommunikation und Koordination kommt.

Es ist eben häufig ein Trugschluss, dass aus freien Wettbewerbsfahren automatisch mehr Effizienz erwachse. Das Problem, dass Sie ansprechen, liegt meines Erachtens generell eher auf der Ebene, wie Entwicklungszusammenarbeit an sich seit ihrer „Erfindung“ von Seiten der westlichen „Geber“ funktioniert. Wenn dieses System sich nicht grundlegend ändert, hin zu einer solidarischen Zusammenarbeit, wird sich nie etwas an diesem generellen Problem ändern, dass die eingesetzten Gelder in größerem, Stil nicht wirksam und effizient eingesetzt werden. DIE LINKE geht auf dieses grundsätzliche Systemproblem und mögliche Lösungen in ihren entwicklungspolitischen Leitlinien ein (s. http://www.linksfraktion.de/nachrichten/gerechte-solidarische-welt-linksfraktion-stellt-leitlinien/ < http://www.linksfraktion.de/nachrichten/gerechte-solidarische-welt-linksfraktion-stellt-leitlinien/ > ). (Link zum Leitliniendokument: http://dokumente.linksfraktion.net/download/entwicklungspolitische-leitlinien-reader-2013.pdf < http://dokumente.linksfraktion.net/download/entwicklungspolitische-leitlinien-reader-2013.pdf > )

Nochmal: Dass beim Verhältnis federführendes Ministerium (BMZ) zu Durchführungsorganisation (GIZ) eher der „Schwanz mit dem Hund“ wedelt sehe ich auch so und das ist hoch problematisch.

DIE LINKE setzt sich deshalb dafür ein, dass als ein erster Schritt alle Aufträge an die GIZ über ein direktes Vergabeverfahren gehen, so wie es auch bei den Vorgängerorganisationen InWEnt und DED der Fall war. Das Auftragsverfahren führt auch in anderen Bereichen zu großen Problemen. Beim Vergabeverfahren wäre die politische Kontrolle durch das BMZ auch eher gewährleistet. Als ein weiterer Schritt wäre es sinnvoll zu überlegen, ob es nicht mehr Sinn machen würde, die GIZ zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts umzuwandeln. Dann würden auch die ganzen „Stilblüten“ der GIZ, die sich als „Unternehmen“ immer neue „Geschäftsfelder“ ausdenken muss, verschwinden. Man würde sich aufs wesentliche sogenannte „Kerngeschäft“, nämlich die Armutsbekämpfung und die Erreichung primärer Entwicklungsziele, beschränken.
 
Mit freundlichen Grüßen,

Niema Movassat