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Sabine Grützmacher
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Frage von Daniel S. •

Im Wahlkampf haben die Grünen plakatiert, dass sie keine Waffen in Kriegsgebiete liefern werden. Warum wird dieses Wahlversprechen nicht eingehalten? (vgl. Waffenexporte in die Ukraine)

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Sehr geehrter Herr S.

die Welt im Sommer 2021 war eine andere Welt. Die Vorstellung, dass im Europa des 21. Jahrhunderts Krieg wieder zum Mittel der Politik wird und aus imperialistischem Machtstreben ein Land ein anderes überfällt und zu besetzen versucht, schien unvorstellbar. Wer vor einem möglichen russischen Überfall warnte, wie beispielsweise Robert Habeck schon im Mai 2021 bei seinem Besuch in Mariupol, wurde ignoriert. Vladimir Putin hat das Gegenteil bewiesen. Seitdem befinden sich die Bundesrepublik, Europa und die Weltgemeinschaft in einem Dilemma. Der berechtigten Forderung keine Waffen in Krisengebiete zu schicken, steht die ebenso berechtigte Verpflichtung gegenüber einem überfallenen Land Hilfe zu leisten.

Die Ukraine macht von ihrem Recht Gebrauch sich zu verteidigen. Und sie macht von ihrem Recht Gebrauch, befreundete Staaten dafür um Hilfe zu bitten. Wir kommen dieser Bitte nach. Auch weil die Ukraine längst nicht nur die eigene Heimat verteidigt, sondern unser aller demokratische Werte, Freiheit & Selbstbestimmung. Putins Angriff ist ein Angriff auf alle völkerrechtlichen Prinzipien, auf denen unsere Weltordnung und der Frieden in Europa seit Ende des 2. Weltkriegs aufbauen. Ein Sieg Russlands in der Ukraine hätte für uns alle unabsehbaren Konsequenzen. Denn schon mit der Annexion der Krim 2014 und im verstärkten Maße mit der Vollinvasion 2022 ist klar, dass sich Putins Regime von internationalen Grenzen nicht stoppen lassen will.

Es ist uns allen nicht leicht gefallen. Aber sich hinter einem dogmatischen Pazifismus zu verstecken, ist der Lage nicht angemessen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Bundestag mit den Stimmen der Grünen für Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden. Es war keine leichte Entscheidung, aber ich bin überzeugt: es war die richtige. Verantwortung in der Politik zu übernehmen bedeutet für mich auch, meine eigene Position immer wieder kritisch zu hinterfragen und zu überdenken. Nur wer sich verteidigen kann, kann sich auch schützen. Es ist die Entscheidung der Ukraine gewesen zu kämpfen und sich nicht der Herrschaft Putins zu ergeben. Unsere Aufgabe ist es nun, die Ukraine zu unterstützen, damit sie sich verteidigen kann. Dafür braucht die Ukraine Waffen und Rüstungsgüter.

Man kann auch ketzerisch fragen, wie die europäische Geschichte verlaufen wäre, wenn die Spanische Republik (mit einer gewählten Regierung) im Bürgerkrieg auch mit Waffenlieferungen unterstützt worden wäre. Aber nur Putsch-General Franco bekam kriegsentscheidende militärische Unterstützung von den Faschisten in Italien und Deutschland.

In diesem Sinne,

Sabine Grützmacher, MdB

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