André Schulze vor Baum und Uferbegrenzung
André Schulze
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Daniela J. •

Sehr geehrter Herr Schulze, Luftverschmutzung, Mietensteigerungen, Lärm, kaputte Straßen, zugeparkte Gehwege – wie kann Neukölln lebenswerter und sozial gerechter werden?

André Schulze vor Baum und Uferbegrenzung
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Jung,

vielen Dank für ihre Frage!

Mietsteigerungen und Verdrängung sind für mich weiterhin die zentrale soziale Frage im Neuköllner Norden und auch in vielen anderen Berliner Quartieren. Die Politik ist gefordert auf allen Ebenen Instrumente einzusetzen, um die Lage am Wohnungsmarkt zu stabilisieren und Verdrängung zu verhindern.

So hat unser Stadtrat Jochen Biedermann in dieser Wahlperiode den Milieuschutz auf den gesamten Bereich innerhalb des S-Bahn-Rings und weitere Teile Neuköllns, u.a. Britz und die Gropiusstadt ausgeweitet. In diesen Gebieten konnten durch Anwendung des Vorkaufsrechts über 800 Wohnungen in gemeinwohlorientierte Hände überführt werden. Durch Abwendungsvereinbarungen konnte in vielen weiteren Häusern die Umwandlung in Eigentumswohnungen verhindert werden.

Außerdem wurde ein Mietpräventionsteam etabliert, dass aktiv auf Personen mit Mietschulden zu geht, um einen Wohnungsverlust vorzubeugen und bspw. durch Mietschuldenübernahme durch das Jobcenter zu verhindern.  So konnten in vielen Fällen Zwangsräumungen und der Verlust von Wohnraum verhindert werden.

Es war richtig, dass der Rot-Rot-Grüne Senat in Berlin versucht hat einen Mietendeckel einzuführen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zuständigkeit aber dem Bund und nicht dem Land zugesprochen. Darum wollen wir in der neuen Wahlperiode  die rechtliche Möglichkeit auf Bundesebene schaffen, um erneut einen Mietendeckel rechtsicher in Berlin einführen zu können.

Doch mittel- und langfristig ist kann eine Lösung der Wohnungsfrage in Berlin nur darin bestehen einen möglichst großen Anteil der Mietwohnungen in die Hände gemeinwohlorientierter Vermieter, wie bspw. landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften, zu bekommen und die Wohnungen damit der Spekulation des Marktes zu entziehen.
Wir Grünen haben uns in Berlin das Ziel gesetzt 50 % der Mietwohnungen in gemeinwohlorientierte Hände zu bekommen. Dazu wollen wir das Vorkaufsrecht in den Bezirken konsequent nutzen, von Landesseite entsprechend unterstützen und gezielt Wohnungen ankaufen.

Gleichzeitig wollen wir landeseigene Flächen zum Neubau nur noch an gemeinwohlorientierte Bauherr*innen vergeben, um einen größtmöglichen Anteil preisgebundenen Wohnraums zu schaffen.

Auch in der von Ihnen angesprochenen Verkehrspolitik wollen wir den begonnen Politikwandel hin zu einer Stärkung des Fuß- und Radverkehrs in den kommenden Jahren fortsetzen. An Hauptstraßen wollen wir Tempo 30 deutlich ausweiten und geschützte Radwege ausbauen, der Bau entlang der Hermannstraße soll bspw. im Oktober endlich beginnen. Gleichzeitig wollen wir da, wo es nötig ist, die Querungsmöglichkeiten für Fußgänger*innen verbessern.

Mit der Erhöhung von Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit, insbesondere an Kreuzungen und der Sanierung von Gehwegen wollen wir den Fußverkehr auch in den Wohngebieten stärken. Für den Radverkehr wollen wir weitere Fahrradstraßen schaffen, der Ausbau der Weserstraße ist dabei ein zentrales Projekt.

Mit der Umsetzung von sogenannten Kiezblocks wollen wir den motorisierten Durchgangsverkehr konsequent aus den Wohngebieten holen. Dabei sollen Wohnungen und Geschäfte weiterhin mit dem Auto erreichbar bleiben, eine Durchquerung des Kiezes soll aber durch sogenannte modale Filter und Diagonalsperren, also z.B. Poller quer über eine Kreuzung, die nur eine Querung mit dem Fahrrad oder zu Fuß ermöglichen, verhindert werden.

Wir wollen eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung im Neuköllner Norden einführen. Die dadurch zur Verfügung stehenden zusätzlichen Kräfte des Ordnungsamtes sollen neben der Kontrolle der Parkausweise auch zu einer konsequenteren Ahndung von Falschparkern genutzt werden. Damit zugeparkte Gehwege und Kreuzungsbereiche der Vergangenheit angehören. Insbesondere dort, wo Fußgänger*innen und Radfahrer*innen durch parkende Autos gefährdet werden, weil bspw. die Sichtverhältnisse stark eingeschränkt sind.

Wir wollen mehr Flächen in den Kiezen entsiegeln und durch zusätzliches Grün ergänzen. Gemeinsam mit den Anwohnenden wollen wir so auch über die Umnutzung von Parkplätzen diskutieren und entscheiden wie eine andere Nutzung des öffentlichen Raums zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen im Kiez beitragen kann.

Mit diesen Maßnahmen wollen wir mehr Menschen zum Umstieg auf Rad, Fuß, Bus und Bahn motivieren, Luft- und Lärmbelastung in den Kiezen reduzieren und die Lebensqualität erhöhen.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Antworten weiterhelfen zu können und stehe gerne für Nachfragen zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen
André Schulze

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