Portrait von Bettina Hagedorn
Bettina Hagedorn
SPD
99 %
77 / 78 Fragen beantwortet
Frage von Holger S. •

Frage an Bettina Hagedorn von Holger S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

wie stehen Sie zur Verschärfung waffengesetzlicher Bestimmungen?
Konkret:
1) Zu verdachtsunabhängigen, kostenpflichtigen Hausbesuchen der Ordnungsämter bei legalen Waffenbesitzern
2) Zur Beschränkung der Sportschützenaktivitäten hinsichtlich Art, Anzahl und Kaliber der Waffen.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Stieler

Portrait von Bettina Hagedorn
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stieler,

vielen Dank für Ihre Fragen an mich zum Waffenrecht via abgeordnetenwatch.de.

Sie beziehen sich mit Ihren Fragen auf gesetzliche Änderungen, die im Zuge der Waffenrechtsnovellierung 2009 eingeführt wurden. Anlass für die Gesetzesänderung war - Sie erinnern sich sicherlich - der Amoklauf von Winnenden. Nach den polizeilichen Ermittlungen gehörte die Schusswaffe, mit der der 17-jährige Täter damals 15 Menschen und sich selbst tötete, seinem Vater, der diese Waffe als Sportschütze zwar legal besaß, sie jedoch nicht seinen Pflichten als Waffenbesitzer entsprechend im Waffenschrank aufbewahrte. Diese Tat hat die Öffentlichkeit wie auch die politisch Handelnden in Bund und Ländern über alle Parteigrenzen hinweg betroffen gemacht und die Frage nach einer angemessenen gesetzlichen Reaktion forciert. Seitdem sind viele weitere schreckliche Amokläufe - vor allem von jugendlichen Tätern - in westlichen Ländern geschehen, die immer wieder diese Frage nach dem verantwortbaren Umgang mit Waffen und deren Aufbewahrung aufgeworfen haben.

Auf keinen Fall darf es - auch bei künftigen Gesetzesänderungen - darum gehen, Sportschützen oder Jäger aufgrund ihres Hobbys und Berufs zu diskreditieren. Deshalb wollen wir Sozialdemokraten auch zukünftig den Dialog mit Waffenbesitzern und ihren Sportvereinen fortführen und das Waffenrecht so gestalten, dass der Schutz Unbeteiligter einerseits und der berechtigte Wunsch - Waffen zu Sport- und Jagdzwecken zu nutzen andererseits - in einem vernünftigen Verhältnis stehen.

Ich selbst bin bereits seit Mitte der 90er Jahre im Dialog mit Jägern und Sportschützen in Ostholstein. Zusammen mit dem Landesjagdverband und den vier regionalen Kreisjägerschaften Oldenburg, Eutin, Lübeck und Plön habe ich in meiner damaligen Funktion als Bürgermeisterin von Kasseedorf 1997 gemeinsam mit Verwaltung und Gemeindevertretern das Projekt Schießsportzentrum Kasseedorf auf einer 13 ha großen Konversionsfläche in seiner heutigen Form entwickelt und gegen große Widerstände in der Region durchgesetzt. Ich habe immer als politisch Verantwortliche für dieses in der Region umstrittene Projekt gekämpft und es letztlich durchgesetzt - in diesem Sommer wird nach langen Planungsprozessen, nach langjährigen Klageverfahren und einer stark ehrenamtlich getragenen Bauphase endlich die Einweihung gefeiert - die Trap- und Skeetstände sind im Hinblick auf Boden- und Lärmschutz vorbildlich gestaltet und die ganze Anlage ist auch unter Umweltgesichtspunkten ein "Leuchtturmprojekt" geworden. Sie sehen: ich habe persönlich ein unverkrampftes Verhältnis zu Jägern wie Sportschützen.

Und nun konkret zu Ihrer ersten Frage: Die verdachtsunabhängigen Kontrollen der Ordnungsämter bei Waffenbesitzern wurden erst im Zuge der Waffenrechtsnovellierung 2009 - also nach dem Amoklauf von Winnenden - eingeführt. Ziel des Bundestages war es, eine Gesetzesänderung zu beschließen, die legale Waffenbesitzer nicht diskriminieren, die Menschen in Zukunft aber besser schützen sollte. Ich denke, dass wir diesem Anspruch mit der Einführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen gerecht geworden sind. Die Waffenbesitzer wurden verpflichtet, der Behörde die Möglichkeit verdachtsunabhängiger Kontrolle der sorgfältigen Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen oder Munition zu ermöglichen. Solche stichprobenartigen Kontrollen können natürlich niemals sämtliche Waffenbesitzer tatsächlich erfassen. Allerdings war es Ziel, dass alleine die ständige Möglichkeit unangemeldeter Kontrollen eine striktere Befolgung der Regeln durch die Waffenbesitzer herbeiführen würde. Hierbei ist - außer bei Gefahr im Verzug - ausdrücklich NICHT vorgesehen, dass die Wohnung gegen den Willen des Berechtigten betreten werden kann. Wer seiner Pflicht als Waffenbesitzer zur Gestattung einer Kontrolle NICHT entspricht, muss jedoch mit dem Entzug der Waffenbesitzkarte rechnen. Die unsachgemäße Lagerung von Waffen oder Munition soll in Zukunft als Straftat verfolgt werden, falls hierdurch die Gefahr des Verlustes der Waffe oder des Zugriffs Unbefugter verursacht wurde. Ich denke, dass diese Regelung angesichts des Amoklaufes von Winnenden angemessen war.

Wie ich aber bereits erwähnte, wollten wir mit dieser Verschärfung des Waffenrechts die Waffenbesitzer nicht einseitig und unverhältnismäßig belasten. Wir haben daher in die Begründung zur Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrollen geschrieben: "Die verdachtsunabhängigen Kontrollen liegen im öffentlichen Interesse und deswegen werden keine Gebühren erhoben." (BT-Drs. 16/13423). Diese Auffassung vertreten wir immer noch. Falls es Kommunen geben sollte, die dennoch Gebühren für verdachtsunabhängigen Kontrollen erheben, so muss es dafür eine Rechtsgrundlage in einer kommunalen Gebührensatzung geben. Mir ist keine solche Regelung bekannt.

Nun zu Ihrer zweiten Frage: Wir haben 2009 intensiv ein Verbot großkalibriger Schusswaffen im Schießsport diskutiert. Die gegen ein Verbot vorgebrachten Argumente sind auch aus meiner Sicht bedenkenswert. So wurden zahlreiche Sportordnungen der Sportverbände für den Einsatz von Großkaliberwaffen genehmigt mit der Folge, dass entsprechende Einrichtungen Bestandsschutz haben. Ein Verbot würde die deutschen Sportschützen von internationalen Wettbewerben ausschließen. Die auf Großkaliber spezialisierten Vereine stünden vor dem Aus. Schließlich stellt sich auch die Frage, was mit den zum Teil sehr wertvollen Waffen nach einem Verbot hätte geschehen sollen. Wir haben uns fraktionsübergreifend 2009 im Wege des Kompromisses auf eine Lösung geeinigt, die Jugendliche unter 18 Jahren vom Schießen mit großkalibrigen Waffen ausschließt. Damit wollten wir erreichen, dass Jugendliche sich nicht an den Umgang mit Waffen gewöhnen und mit Waffen umzugehen lernen, mit denen Kapitalverbrechen begangen werden können. Das Schießen für Minderjährige bleibt grundsätzlich auf Kleinkaliberwaffen beschränkt. Die Ausnahme für Flinten - und hier nur Einzellader-Langwaffen - trägt der Besonderheit der Disziplinen des Schießens auf Wurfscheiben (Trap/Skeet) Rechnung. Die Regelung aus 2009 ist ausreichend und hat sich bewährt - eine weitere Verschärfung halte ich nicht für notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Bettina Hagedorn
Bettina Hagedorn
SPD